Herzlich Willkommen Leo! Die erste Trennung
Leo kommt mit seiner Mutter Evi auf die Gruppe Türkis. Beide werden von Marie-Christine herzlich begrüsst. Die Begrüssung ist für Leo sehr wichtig, denn sie gleicht einem Ritual, welches er die letzten Tage bereits erlebt hat. Rituale geben Kindern Sicherheit und Vertrauen.
Leo wird von Evi auf die Spielmatte gelegt. Die Spielmaterialien sind bereit gelegt. Leo kennt die einzelnen Spielmaterialien schon. Denn Marie-Christine hat die letzten Tage immer die selben Spielmaterialien bereit gestellt. Diese wurden auf Grund von Leo’s Entwicklungsstand ausgesucht. Leo greift gerne und nimmt Gegenstände in den Mund. Da er noch nicht so lange selber nach Spielgegenständen greift, wählt Marie-Christine Materialien aus, welche er gut halten kann. So z.B. den Greifball. Den Greifball nimmt Leo sehr gerne als Spielelement an und favorisiert diesen sogar.
Während der Eingewöhnung steht nicht primär das Spielen mit Marie-Christine im Vordergrund, sondern die Interaktion zur richtigen Zeit. Dies kann über Blickkontakte, Kommunikation oder über Spielmaterialien entstehen. Die abwartende Haltung von Marie-Christine ermöglicht Leo eine aktive Kontaktaufnahme sowie auch das Einlegen von Kontaktpausen, um sich von den vielen Eindrücken kurz zu erholen.
Leo liegt nun auf der Matte. Marie-Christine spricht kurz mit Evi und schaut anschliessend Leo an. Leo schaut gerade zu seiner Mutter. Marie-Christine wartet, bis Leo seinen Blick auf ihr ruhen lässt und spricht Leo dann an. Leo scheint sich über die Ansprache zu freuen, denn er erwidert ihre Kontaktaufnahme mit einem Lächeln.
Nach einiger Zeit wendet Leo seinen Blick ab, hinaus zum Fenster. Marie-Christine wartet ab und benennt nach einiger Zeit, dass Leo einen Zug sieht. Marie-Christine wartet erneut ab, bis sich Leo wieder ihr zu wendet. Wieder erwidert Marie-Christine den Blickkontakt sprachlich. Leo hält den Blickkontakt über längere Zeit und Marie-Christine bietet ihm den Greifball als Spielzeug an. Leo schaut den Ball an und beginnt langsam danach zu greifen. Es scheint anstrengend zu sein, die Arme hochzuhalten und den Spielball zu fassen. Marie-Christine hält ihm den Ball hin und wartet ab. Bis es Leo gelingt.
Leo spielt einige Zeit und Evi und Marie-Christine tauschen den weiteren Verlauf der Eingewöhnung aus. Evi berichtet, dass Leo wohlauf ist, aber bald hungrig sein wird. Aus diesem Grund beschliessen wir, die Trennung bald anzusetzen. Leo soll nicht mit zwei Dingen gleichzeitig konfrontiert werden. Hunger und Trennung.
In der Zwischenzeit hat Leo den Ball verloren, er ist also nicht gerade mit etwas anderem beschäftigt. Ein guter Zeitpunkt um zu trennen.
Zwar versteht Leo die verabschiedenden Worte seiner Mutter noch nicht. Dennoch ist es für Kinder äusserst wichtig, dass sie das Weggehen der Hauptbezugsperson wahrnehmen. Dies vermittelt Vertrauen in die Beziehung zu seiner Mutter und zeigt sich besonders auch in späteren Situationen, wenn Leo älter ist. Für Leo ist eine klare Verabschiedung ein sicherer Rahmen, an welchem er sich orientieren kann.
Als sich Evi verabschiedet schaut Leo ihr hinterher und wendet dann seinen Blick Marie-Christine zu. Mit diesem Blick vergewissert sich Leo, dass Marie-Christine als Bezugsperson da bleibt. Marie-Christine verbalisiert ihm, dass seine Mutter nun geht und bald wieder kommt. Nach einigen Momenten bietet Marie-Christine ihm erneut den Greifball an.
Bald darauf gibt Marie-Christine Leo den Schoppen. Leo ist hungrig und wartet schon ungeduldig auf seine Mahlzeit. Marie-Christine bietet ihm den Schoppen an und vor lauter Ungeduld kann Leo gar nicht mit trinken beginnen. Auf Grund von Evi’s Erzählungen weiss Marie-Christine das und kann darum mit viel Ruhe Leo kurz hochnehmen, ihn entspannen lassen und ihm kurze Zeit später den Schoppen erneut anbieten. Dieses mal trinkt Leo.
Nach dem Trinken gehen Marie-Christine und Leo erneut auf die Spielmatte. Leo wirkt zufrieden und Marie-Christine legt sich neben Leo. Beide sind auf der selben Höhe und es entsteht ein intensiver Blickkontakt zwischen beiden. Ab und an lächelt Leo und Marie-Christine benennt Leo’s Äusserungen. Diese werden zunehmend mehr und Leo beginnt zu plappern. Er scheint sehr zufrieden.
Kurze Zeit später kommt Evi. Die dreissig Minuten der ersten Trennung sind vorüber. Leo begrüsst seine Mutter mit einem Lächeln und wendet gleich darauf seinen Blick wieder zu Marie-Christine und dann auf den Ball in seiner Hand.
Leo hat deutliche Anzeichen gemacht, dass sich zwischen ihm und Marie-Christine eine Bindung aufgebaut hat. Marie-Christine erwidert wichtige Blickkontakte z.B. beim Abschied. Marie-Christine konnte der kurzen Stresssituation beim Füttern durch die Instruktionen der Mutter gut entgegenwirken und zusammen mit Leo überwinden. Auch dies ist ein Ausdruck von sich sicher fühlen. Sein Wohlsein drückte er anschliessend ebenfalls durch sein „plappern“ aus. Auch die Rückkehr der Mutter weist darauf hin, dass die Trennung für Leo mit wenig Stress verbunden war. Er begrüsste sie freudig, konnte sich aber sogleich wieder auf sein Spiel konzentrieren.
Bei der Eingewöhnung ist es wichtig, die vielen Feinzeichen, welche die Kinder aussenden, zu beachten. Denn es kann sein, dass Kinder erst verspätet (sogar erst Monate später) deutlich auf eine nicht gelungene Eingewöhnung reagieren. Leo hat viele Feinzeichen gezeigt, welche darauf hinweisen, dass die Trennungszeit für die nächsten Tage erhöht werden kann.